Pfarrkirche St. Nikolaus Rheurdt
Bereits um 1400 bestand eine kleine Kapelle zum Hl. Nikolaus in Rheurdt, die Pfarrkirche für die Einwohner war jedoch in Aldekerk. In den Kriegszeiten zu Ende des 16. Jahrhunderts wurde um die Kapelle eine Fluchtschanze angelegt, die 1585 erstürmt wurde.
Mehrmals, zuletzt 1692, wurde die Kapelle neu errichtet, zumal Rheurdt 1718 eigene Pfarrei wurde. Doch die Kapelle erfüllte wohl schon 100 Jahre später nicht mehr die Anforderungen einer Kirche.
In einem Schreiben an den Bischof von Münster heißt es 1854: „Schon seit vielen Jahren fehlt der hiesigen Gemeinde der Bedarf nach einer geräumigeren Pfarrkirche. Das gegenwärtige Gotteshaus ist eine ehemalige Kapelle ohne Turm und nur mit einem auf der Mitte des Firstes stehenden Dachreiter. Da die gegenwärtige Seelenzahl der Pfarrgenossen, welche noch immer in Zunahme ist, circa 1500 beträgt, so muss an den Sonn- und Festtagen beim Gottesdienst ein sehr großer Teil der Gläubigen, selbst bei derer dichtesten Füllung der Kirche, vor der Tür bis auf die Landstraße hin Platz suchen, sich dabei jeder Witterung preisgeben."
Die Kapelle genügte schließlich nicht mehr den Erfordernissen der gestiegenen Bevölkerungszahl, so dass von 1877 bis 1885 schräg gegenüber ein Neubau im Stile der Neugotik errichtet wurde. Es entstand ein dreischiffiger Backsteinbau nach dem Entwurf des Architekten Anton Hanemann aus Münster, dessen Einsegnung am 18. Juli 1885 erfolgte.
Das Langhaus gliedert sich in vier Joche, dem Querhaus mit den Seitenschiffen, und dem Chor joch mit 3/8 Chorabschluss im Westen. Die Abweichung der normalen Ausrichtung nach Osten hin war durch den Bauplatz bedingt und bedurfte der kirchlichen Genehmigung. Der hohe Kirchenraum gilt als Gleichnis der unendlichen Ewigkeit des Himmels. Von der ursprünglichen Einrichtung sind besonders die Fenster nach Entwürfen von Franz Stummel erwähnenswert: im linken Chorfenster findet sich die Darstellung des sogenannten „Freudenreichen Rosenkranzes" (Szenen aus der Kindheitsgeschichte Jesu: Die Verkündigung/die Heimsuchung/die Geburt Jesu/die Darstellung im Tempel, das Wiederfinden im Tempel), mittig bieten sich die Geheimnisse des „Schmerzhafter Rosenkranzes" (Die Todesangst/die Geißelung/die Dornenkrönung/die Kreuztragung/den Tod am Kreuz) dem Betrachter. rechts finden sich Bilder aus der Betrachtungsreihe des „Glorreichen Rosenkranzes" (Die Auferstehung/die Himmelfahrt die Geistsendung/die Aufnahme Mariens in den Himmel/die Krönung Mariens).
Weitere Fenster aus der Entstehungszeit zeigen im rechten Querschiff St. Nikolaus bei der Beschenkung der Kinder, deren Bekleidung im Entwurf als zu ärmlich empfunden und daher überarbeitet werden musste, sowie im Hochfenster des linken Querschiffes die Hl. Familie. Eine moderne Arbeit ist das Fenster für St. Michael an der Außenwand der Seitenkapelle. Von der weiteren Ausstattung ist der alte Altarsockel(1902) unter dem Tabernakel, der 1962 unter Verwendung alter Elemente neu gestaltete Taufstein und die „Immerwährende Hilfe" nach dem lkonenbild der Redemptoristenkirche in Rom im Turmraum in einem wertvollen Silberrahmen erwähnenswert. 1962 wurde auch die Sakristei an die Südseite der Kirche angebaut. Erst vier Jahre später erfolgte die Umgestaltung der nördlich gelegenen Messdienersakristei („...die größte Rumpelammer der Gemeinde in unmittelbarer Nähe des Allerheiligsten!!" laut Pfarrchronik) zu einer Kapelle. Die Orgel wurde von der Firma Breil in Dorsten 1972 unter Verwendung der alten Teile mit 21 Registern (davon sieben aus der alten Orgel) hergestellt. Im Kirchenschatz befindet sich unter anderem noch eine barocke Sonnenmonstranz aus dem Jahr 1771, die wohl noch zur Ausstattung der alten Kirche gehörte.
Dem Kirchenbau ist ein viergeschossiger Nordostturm vorgesetzt, der beachtliche Details aufweist, beispielsweise die Wasserspeier in Form von Drachenköpfen. Im Turm befinden sich drei Glocken, Maria, Josef und Nikolaus geweiht. Die Akustik der neuen Kirche hatte auch ihre Tücken. Pfarrer Stephan Boll aus Rees, der im Mai 1898 seine Stelle antrat, bemerkt bereits auf der zweiten Seite der von ihm verfassten Pfarrchronik:
„Da der Volksgesang in der Kirche sehr viel zu wünschen übrig ließ, suchte der Pfarrer zunächst allgemein die Anschaffung des Diöcesen-Gesangbuches zu bewirken und übte mit Hilfe des Lehrers an den Sonntagen nach der Christenlehre mit der Gemeinde, die gerne und eifrig teilnahm, die bekanntesten Kirchenlieder ein."